Montag, 23. Mai 2011

Shell baut "Mammut-Floß"

Größer als vier Fußballfelder und schwerer als sechs Flugzeugträger: Shell baut vor der Küste Australiens die weltweit erste schwimmende Anlage zur Gewinnung und Verflüssigung von Erdgas. Die endgültige Investitionsentscheidung für das Milliardenprojekt gab der Vorstand des nach Marktkapital größten Erdölkonzerns Europas am Unternehmenssitz in Den Haag bekannt. Das künstliche "Mammut-Floß" mit einer Länge von 488 Metern und einem Gewicht von rund 600.000 Tonnen soll rund 200 Kilometer vor der Küste Nordwest-Australiens verankert werden. Allein an Stahl sollen 260.000 Tonnen verbaut werden - rund fünfmal mehr als in der Sydney Harbour Bridge.

Shell hatte in dem Gebiet in der Timorsee, das etwa 475 Kilometer nord-nordöstlich der Küstenstadt Broome liegt, unter dem Meeresgrund eine gewaltiges Erdgasvorkommen entdeckt und die Lizenz zur Erschließung erhalten. Von der Lagerstätte mit dem Namen "Prelude" könne täglich Gas im Äquivalent von 110.000 Barrel Öl gewonnen werden - 5,3 Millionen Tonnen pro Jahr, erklärte Shell. Mit dem Beginn der Förderung werde ab 2017 gerechnet, sagte ein Sprecher.

Zu den voraussichtlichen Kosten wollte Shell keine konkreten Angaben machen nennen. In der Pressemitteilung heißt es, der Konzern werde in verschiedenen Projekten in Australien einschließlich "Prelude" in den nächsten fünf Jahren rund 30 Mrd. US-Dollar investieren.

In der "Prelude"-Anlage soll aus dem Meeresgrund gefördertes Gas durch extreme Abkühlung auf minus 162 Grad Celsius verflüssigt werden, wobei sein Volumen 600-fach verkleinert wird, was den Transport erheblich erleichtert. Verfahren zur Erzeugung von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas - LNG) gewinnen angesichts der knapper werdenden Öl-Ressourcen trotz hoher Investitionskosten weltweit an Bedeutung. Durch die Verflüssigung kann das Gas statt durch Rohrleitungen auf der Schiene und Straße sowie über die Weltmeere transportiert werden.

Die nach Shell-Angaben erste schwimmende (floating) Flüssigerdgas-Anlage (FLNG) soll in einer Schiffswerft in Südkorea gebaut werden. "Unser grünes Licht ist ein Durchbruch für die LNG-Industrie", sagte der Shell-Direktor des Bereichs Förderung, Malcolm Brinded. "Sie wird stark zur Deckung des weltweiten Bedarfs an möglichst sauberen fossilen Brennstoffen beitragen." Shell werde jetzt unverzüglich mit der Ausarbeitung aller Details des "Prelude"-Projekts beginnen.

BP sammelt erste Milliarde ein

Nach dem britischen Ölkonzern BP hat sich erstmals eine weitere in das Öldesaster im Golf von Mexiko verwickelte Firma an den Kosten für die Katastrophe beteiligt. Das japanische Handelshaus Mitsui, dessen Tochter Moex Offshore mit zehn Prozent an der Ölquelle unter der Bohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko beteiligt ist, zahlt an BP einen Beitrag von 1,065 Mrd. Dollar, umgerechnet rund 750 Mio. Euro.

Das Geld werde "sofort" in den Entschädigungsfonds von BP für die Opfer der Ölkatastrophe in Höhe von 20 Mrd. Dollar fließen. Beide Seiten legten damit sämtliche Klageansprüche aneinander bei. BP hatte 1,9 Mrd. Dollar von Mitsui verlangt, der japanische Konzern hatte dies als zu hoch zurückgewiesen. Der Kompromiss bedeute aber keinerlei Schuldeingeständnis, betonte BP erneut.

Bei der Explosion auf der Plattform waren 11 Menschen ums Leben gekommen. Wochenlang strömte Öl ins Meer, insgesamt 4,9 Mio. Barrel. BP steht vor Milliarden-Kosten. Nach Einschätzung des britischen Konzerns tragen mehrere Firmen die Verantwortung. BP hat daher Klage gegen die Schweizer Firma Transocean - Eigentümerin der Bohrinsel - und gegen die US-Firmen Cameron International und Halliburton eingereicht. Allein von Transocean fordert BP 40 Mrd. Dollar Entschädigung. Cameron ist der Hersteller des defekten Abdeckventils der Ölplattform, Halliburton war für die spätere Zementierung der Ölquelle verantwortlich.

Konzerne fühlen sich unschuldig

Laut Bundeskartellamt beherrschen die fünf großen Tankstellenketten Aral/BP, Shell, Jet, Esso und Total den Markt. Das kann das Tanken teuer machen. Die Kritik daran verstehen die Mineralölkonzerne allerdings nicht, sie sehen darin transparentes Geschäftsgebaren.

Das Abzocke-Gefühl beim Tanken ist oft erheblich.
Angesichts der Kritik des Bundeskartellamts an den fünf führenden Mineralölanbietern hat der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) den Vorwurf der Marktbeherrschung zurückgewiesen. Marktbeherrschung sei ein rechtlicher Begriff, mit dem versucht werde, die Mineralölwirtschaft in die Schmuddelecke zu stellen, sagte der MWV-Hauptgeschäftsführer Klaus Picard in der ARD. Die Preise in Deutschland seien transparent, Tankstellenpächter müssten schnell reagieren, wenn der Wettbewerber seine Preise ändere. Dies sei ein übliches Wettbewerbsverhalten, bestätigte Picard grundsätzlich die vom Bundeskartellamt kritisierte Praxis, etwa zum Wochenende die Preise zu erhöhen.

Im übrigen sei der Verbraucher schlau und tanke an Montagen, an denen die Spritpreise erfahrungsgemäß am niedrigsten seien, sagte Picard. Montags verkauften die Tankstellen doppelt so viel wie an sonstigen Wochentagen. Die Forderung nach niedrigeren Benzinpreisen in Deutschland wies Picard zurück. "Wir haben die niedrigsten Preise in Europa, billiger geht es nicht", sagte er.
Benzin teurer als nötig

Eine am Wochenende bekannt gewordene Untersuchung des Bundeskartellamts stützt den Verdacht, dass es die Verbraucher im deutschen Tankstellengeschäft mit einem marktbeherrschenden Oligopol zu tun haben. Mehrere Medien zitierten aus dem Kartellamts-Bericht, der am Donnerstag offiziell vorgestellt werden soll. Demnach sehen die Wettbewerbshüter "Marktstrukturen zum Nachteil des Verbrauchers".

Der Studie zufolge folgen die Preiserhöhungsrunden der führenden fünf Mineralölanbieter fast immer demselben Muster: Ein Unternehmen, meist einer der beiden Marktführer Aral und Shell, prescht vor, die anderen ziehen innerhalb weniger Stunden nach. Bei Preissenkungen laufe es genauso, nur langsamer. Nach Erkenntnissen des Kartellamts unterhalten die Konzerne dafür ein weitverzweigtes Konkurrenzbeobachtungs- und Meldesystem.

Politik muss reagieren
Politiker aller Parteien forderten unterdessen ein Eingreifen des Kartellamts. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, nannte es in der ARD beunruhigend, dass wenige Unternehmen den Wettbewerb unter sich ausmachten. "Das muss sich dringend ändern", sagte Kauder. Das Kartellamt habe die Möglichkeit, den Wettbewerb wieder in Gang zu bringen.

Die Grünen-Wirtschaftsexpertin Christine Scheel sieht Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler am Zug. Die Erkenntnisse des Kartellamts müssten die Grundlage dafür sein, dass die Regierung etwas unternehme. "Wir haben in Deutschland keinen funktionierenden Markt", kritisierte sie im Deutschlandfunk.

Samstag, 14. Mai 2011

Dax mit Laune ins Wochenende

Nach dem Kursrutsch dürfte der Dax am Freitag auf Erholungskurs gehen. Sorgen um den weiteren Konjunkturverlauf hatten den Leitindex am Donnerstag um 0,7 Prozent auf 7443 Zähler ins Minus gedrückt. Rückenwind kam von der Wall Street, wo die wichtigsten Indizes nach Handelsschluss in Europa ins Plus drehten beziehungsweise ihre Gewinne ausweiteten.

Der Dow-Jones-Index und der S&P-500 kletterten um 0,5 Prozent, der Nasdaq-Composite gewann 0,6 Prozent. Eine Erholung an den Rohstoffmärkten hatte für steigende Kurse gesorgt. An der Tokioter Börse drückte dagegen der starke Yen auf die Stimmung der Anleger. Der Nikkei-Index verlor 1,2 Prozent. In China notierte der Shanghai-Composite 0,1 Prozent im Minus.
Zahlen und Dividenden

Positiv dürfte sich das unerwartet hohe BIP-Wachstum im abgelaufenen Quartal bemerkbar machen. Zahlreiche Unternehmen werden ex Dividende gehandelt, darunter etwa Adidas, BMW, Deutsche Börse, Deutsche Telekom, FMC oder Linde. Unter den Einzelwerten stechen die Titel mit Quartalsberichten vorbörslich positiv heraus: Die Steigerung des Vorsteuergewinns stimmte unter anderem ThyssenKrupp-Anleger positiv. Die Aktien verteuerten sich gegenüber ihrem Vortagesschlusses von 32,73 Euro im vorbörslichen Geschäfts von Lang & Schwarz um 1,5 Prozent. Sie setzten sich damit an die Dax-Spitze.

Die Zahlen seien nicht spektakulär aber solide, sagte ein Händler. Auch die Bestätigung der Prognose sei erwartet worden. Nach Einschätzung von DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp könnten einige Anleger aber enttäuscht sein, dass die Umsatzziele nach den jüngsten Zuwächsen nicht angehoben wurden. Salzgitter notierten im MDax 0,7 Prozent im Plus.

Überraschend gute Quartalszahlen hat auch SMA Solar vorgelegt und die Aktien des Solarunternehmens vorbörslich strahlen lassen. Der Kurs kletterte im frühen Geschäft von Lang & Schwarz gegenüber ihrem Vortagesschluss von 75,39 Euro um 2,1 Prozent und waren damit stärkster TecDax-Wert. Die Zahlen seien besser als erwartet, sagte ein Händler. Das ändere jedoch nichts daran, dass das Unternehmen im Laufe des Jahres an seinen Geschäftsbedingungen arbeiten müsse. Die Aussicht auf weiterhin gut laufende Geschäfte ließ Anleger vorbörslich auch bei Aurubis zugreifen. Mit einem Plus von 2,3 Prozent waren die Aktien von Europas größter Kupferhütte Favorit im MDax. Die Zahlen für das erste Quartal seien sehr gut ausgefallen, schrieb DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp in einem Kommentar. Auch die Anhebung der Geschäftsziele habe positiv überrascht. Der Experte bekräftigte seine Kaufempfehlung für die Aktien.

Der Dax, Heute.

Einige Anleger bleiben jedoch überzeugt, dass der Aktienmarkt sein Aufwärtspotenzial noch nicht ausgereizt hat. Die Optimisten verweisen etwa auf die laufende Berichtssaison, bei der bislang knapp drei Viertel aller Konzerne die Erwartungen der Börsianer übertrafen. In der kommenden Woche dürfte das Augenmerk unter anderem auf den Einzelhändlern liegen: Weltmarktführer Wal-Mart sowie die Baumarktketten Lowe's und Home Depot legen ihre Geschäftszahlen vor. Wal-Mart und Home Depot sind am Dienstag an der Reihe, Lowe's am Montag. Der S&P-Index der Einzelhändler war jüngst auf ein Allzeithoch gestiegen.Prominente Analysten von Goldman Sachs und Credit Suisse empfehlen den Anlegern angesichts der wachsenden Zweifel an der wirtschaftlichen Erholung Aktien, die relativ unabhängig vom Konjunkturzyklus sind. "Die Zeiten sind vorbei, in denen der Aktienmarkt mutigen Wachstumsoptimismus signalisierte", schreibt Doug Cliggott, der bei Credit Suisse für die Aktienstrategie verantwortlich ist. Bei Goldman Sachs heißt es, das Institut habe "viel Vertrauen in das kurzfristige Aktienszenario verloren". Die Kurse seien bereits höher gestiegen, als die wirtschaftliche Entwicklung rechtfertige.
Theorien zur Rohstoffblase

Bislang blieb der Kursrutsch auf die Rohstoffe konzentriert: Der Wert von Silber war innerhalb weniger Tage um rund 30 Prozent gefallen, Öl verbilligte sich um rund 15 Prozent. Über den Grund des Preiskollaps' und seine Bedeutung kursieren noch immer mehrere Theorien. Einige Beobachter sind überzeugt, das gigantische Anleihe-Kaufprogramm der US-Notenbank Federal Reserve habe Anleger in die Rohstoff- und Aktienmärkte getrieben. Deshalb habe sich dort eine Blase gebildet, die nun zu platzen beginne.

"Investoren und Anleger sind geteilter Meinung, ob dies eine große Sache ist oder nicht", schreibt Cliggott. Credit Suisse sei jedoch überzeugt, dass es sich um einen bedeutsamen Vorgang handelt und erwartet deshalb, dass die Aktienkurse am Ende des Fed-Programms um zehn Prozent fallen.

Die andere Theorie besagt, dass der Preisrutsch ganz einfach ein Vorbote für eine neue wirtschaftliche Schwächephase ist. So fiel etwa der Preis für Kupfer, das wegen seiner weitreichenden Anwendung als Barometer für die Konjunktur gilt, auf den tiefsten Stand seit fünf Monaten.

Am Freitag waren an der Wall Street noch die Sorgen über die Schuldenkrise in Europa im Vordergrund gestanden. Die Unsicherheit hatte nach Einschätzung von Beobachtern zu den Kursverlusten im Finanzsektor beigetragen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab um 0,8 Prozent auf 12.595 Punkte nach, der breiter gefasste S&P-500 notierte ebenfalls 0,8 Prozent tiefer bei 1337 Zählern. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq fiel um 1,2 Prozent auf 2828 Stellen.